Eine Predigt von Pfarrer Bodo Meier.
Online-Predigt zum Sonntag Quasimodogeniti – 11. April 2021
Lieder zum Anhören, Genießen und Mitsingen:
Evangelisches Gesangbuch 108: Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
Evangelisches Gesangbuch 117: Der schöne Ostertag
Predigt in Schriftform zum Nachlesen:
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unsrem Vater und unsrem Herrn Jesus Christus. Amen
Alle haben von Ostern geredet. Wie sonst kaum in den Jahren zuvor war Ostern 2021 ein großes Thema. Jeder hatte eine Meinung zu Ostern. Ob im Fernsehen, in den Zeitungen, in den sogenannten sozialen Medien – überall war von Ostern zu hören und zu lesen. Ruhetage über Ostern. Reisen zu Ostern. Kontakte zu Ostern. Ostern war in aller Munde. Und nun ist es schon wieder vorbei. Heute ist wieder Alltag.
Wer gehofft hat, dass ich an Ostern irgend etwas ändern würde, der wurde enttäuscht. Wie auch: Wir sprachen ja nicht vom Osterfest, sondern darüber, wie wir die Ostertage in pandemischen Zeiten überstehen mit wenig Familie, keinen Freunden und kaum einem Gottesdienst. Wenn selbst die unter dem Schatten von Ansteckung und Krankheit stehen, dann klingt die Botschaft vom leeren Grab in der Tat unglaublicher denn je. Es verwundert also nicht, dass nur eine Woche nach dem Fest kein Mensch mehr von der Botschaft des Lebens und der Auferstehung spricht.
Aber das war eigentlich immer schon so. Begingen wir Ostern in den Jahren zuvor festlich mit Osterfeuer und Osternacht, Osterfrühstück und Familienbesuch, so hatte uns schon wenige Tage danach der Alltag wieder fest im Griff. Die Nachricht, dass wir vom Tode befreit sind, scheint zu groß zu sein, für die kleinen Sorgen unsres Alltag, auch für die großen Nöte unsres Lebens. Und doch: Irgendwann müssen wir mit dieser Botschaft vom Fest wieder in das tägliche Leben gehen und uns fragen: Was bleibt von der Auferstehung Jesu?
Ewiger Jubel war es von Anfang an nicht. Nach dem Ende des Johannes-Evangeliums wird eine Geschichte erzählt, wie es Petrus ging, nachdem Jesus auferstanden war, nachdem Petrus das leere Grab gesehen hatte, nachdem der Schrecken vorbei und das Lob über den lebendigen Gottessohn gesungen war. Und diese Geschichte geht so:
„Jesus offenbarte sich abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so:
Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.
Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.
Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.
Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch den Fisch.
Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.“
„Ich gehe fischen!“ Mehr nicht! Das war die Antwort des Petrus auf den ersten Alltag nach Ostern. „Menschenfischer“ sollte er werden. Der Fels, auf dem Christus seine Kirche baut. Welch große Worte, welche Verheißungen! Geblieben ist, was Petrus schon immer tat: „Ich gehe fischen!“ Als ob Petrus in ein großes Loch gefallen wäre voller Ratlosigkeit und Fragezeichen. Kein entschlossener Apostel, der aufbricht, aller Welt das Evangelium zu verkünden. Nein, banaler könnte sein Alltag nicht sein. Ich tue, was ich immer schon tat: Ich gehe fischen. So simpel, so ernüchternd ist das. Und damit ist er nicht allein.
Auch andere Jünger waren bei ihm. Es scheint, als stünden sie einfach so herum ohne Plan und Ziel – erstaunlich nach der Botschaft: Jesus lebt. Und wirklich haben sie nichts besseres vor: „Wir kommen mit dir!“ Sie sind dankbar sogar für diesen so schlichten Vorschlag.
Auferstehung ist kein Rezept für jeden Tag. Ich fühle nicht immer die Befreiung von aller Schuld und Rettung vor dem Tod. Die Nachricht ist oft fern und sogar fremd. Denn noch ist Gottes Schöpfung nicht neu. Noch immer sehnen wir uns nach Erlösung und dem Ende von Tod und Leid. Wer ständig über die Auferstehung jubelt, schaut über Leid und Unrecht hinweg, und träumt sich in eine Welt, die Gott noch nicht hat Wirklichkeit werden lassen. Der Alltag hat noch immer Macht über uns. Deshalb bleibt Petrus nichts anderes, als sich wieder in diesen Alltag zu begeben - es scheint sogar mit ein wenig Enttäuschung nach dem rauschenden Jubel.
Und natürlich dann: Alltagserfahrung. Mühselig ist das Leben. Nichts gefangen. Kein Erfolg. Nochmal Enttäuschung. War Ostern auch erst letzte Woche. Ich kann mich kaum noch erinnern. Wie dankbar wird Petrus gewesen sein, als er erinnert wird.
„Es ist der Herr!“
Der Jünger, den Jesus lieb hatte, dieser namenlose wurde noch gar nicht erwähnt, ist aber mit an Bord. „Es ist der Herr!“ Und von da an gerät alles durcheinander. Natürlich war es der Herr. Wie sonst hätten sie einen so großen Fang machen können auf sein Wort hin? Es war diese alte Geschichte, die sie sich schon überall erzählten. Jetzt geschieht sie erneut. Weil da einer sagt: Es ist der Herr! Erinnere dich an ihn. Vergiss ihn nicht.
Da bricht der Alltag auf. Petrus springt ins Wasser. Kopflos aber voller Freude – oder auch Furcht. Gleichgültig! Es kommt nur auf ihn an, den Herrn. Er soll Petrus nicht sehen wie er täglicher Arbeit nachgeht: Mit nacktem Oberkörper. Es wird absurd: Er zieht sich an und springt dann ins Wasser. Umgekehrt wäre normal. Aber was ist normal, wenn wir uns gemeinsam zurufen: Es ist der Herr! Ob Petrus wieder übers Wasser laufen wollten wie damals? Er wird es selbst nicht wissen. Er weiß nur: Es ist der Herr.
Und der spricht nur fünf Worte: Kommt her und haltet das Mahl! Da sehen sie: trotz der Arbeit, trotz der vollen Netze ist schon alles bereitet. Nicht aus unsrem Alltag, nicht aus dem, was wir tun, weil wir es immer schon taten, sondern aus unsrer Sehnsucht heraus lässt sich der Auferstandene erkennen. Weil wir uns erinnern. Gemeinsam! Weil wir unsre Hoffnung teilen mitten in manch trostloser Zeit. Gemeinsam! Weil wir uns sehnen mit ihm das Mahl zu halten, zu schauen, wie er das Brot bricht. Eine alltäglich Geste nur, aber all unser Hoffen und Sehnen liegt darin.
Erinnern wir uns also. Es ist der Herr. Springen wir ins Wasser und durchbrechen den Alltag, so absurd es auch scheint. Denn es ist der Herr. Ziehen wir die vollen Netze aus unsrem leeren Alltag und setzen uns an Tische, so wenig Menschen auch daran sitzen mögen. Hauptsache, es wird dort erzählt: Weißt du noch, als Jesus uns vom Brot und von den Fischen gab? So bleibt Ostern in aller Munde. Amen
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Pfr. Bodo Meier
Predigt über Joh 21, 1-14
Quasimodogeniti
14.03.2021
Gebet
Gott, es tut gut zu hören, dass das Leben siegt, und dass du Menschen, die deinen Geist offenbarten, nicht vergehen lässt im Dunkel. Es tut gut, dies zu hören, wenn wir es glauben.
Darum, barmherziger Gott, nimm von uns unsre Müdigkeit,
unser Misstrauen
und die bittere Erfahrung, dass die Welt das letzte Wort behält, die Welt, die dich nicht sieht.
Damit sie aufleben mit Zuversicht, begegne denen, die bedrückt sind;
denen, die sich fürchten vor Menschen;
denen, die ihren Weg nicht finden durch die verwirrende Welt.
Nimm die Erschrockenen an deine Hand und die Sterbenden.
Und in das Leben, das dir widerspricht, gib deinen Geist, damit neu werde deine Schöpfung.
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