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Onlinepredigt - 10. Januar

Redaktion

Eine Predigt von Prädikant Thorsten Kohlen.


Online-Predigt zum ersten Sonntag nach Epiphanias – 10. Januar 2021


Lieder zum Anhören, Genießen und Mitsingen:


Evangelisches Gesangbuch 410: Christus, das Licht der Welt


Evangelisches Gesangbuch 441: Du höchstes Licht, du ewger Schein





Predigt in Schriftform zum Nachlesen:


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus


Der Stern über der Krippe erlosch,

die heilige Nacht versank das Jahr geht fort Herr,

lass es dein Jahr fortan sein,

durch das ich gehe,

geleitet an deiner Hand,

einer, der dein Licht gesehen hat.


Liebe Gemeinde Dieses Gebet von Johann Christoph Hampe, beschreibt das Gefühl jetzt nach Weihnachten: Der Stern über der Krippe erlosch, die heilige Nacht versank. Ja, so fühlt es sich manchmal an, aus der ruhigen und geborgenen Weihnachtszeit hinauszutreten in den Alltag. Licht aus, zurück zum Protokoll.

Jetzt ist die Frage, wie es weitergeht mit unserem gerade noch so mild beleuchteten Leben. War es das wieder für ein Jahr? Schnappen wir einfach so in unsere Gewohnheiten zurück? Oder nehmen wir den Widerschein des Lichtes mit – als Leute, die Gottes Licht gesehen haben? Wie können wir unseren Glauben in den Alltag bringen, wie verhindern, dass wir gleich wieder mit Haut und Haaren von den Routinen vereinnahmt werden, die uns so oft automatisieren.


Denn wir alle spüren ja diesen Ruck, wenn der Keilriemen im Getriebe unserer Gesellschaft wieder anzieht und in Bewegung kommt und wir nicht anders können als mitzuziehen: Auf die Schülerinnern und Schüler wartet die nächste Klassenarbeit, die Mütter und Väter sollen wieder den komplexen Familienkalender managen; die Berufstätigen haben die erste Deadline des Jahres im Nacken.

Was liegt näher, als vernünftig und diszipliniert zu sein – es hilft ja nichts – , die Arbeitskluft überzustreifen und da weiter zu machen, wo wir am 23. Dezember aufgehört haben?

Doch – und da kommt es jetzt auf unsere Kreativität und unseren Widerstandsgeist an – im Licht des Weihnachtsfestes liegt tatsächlich etwas anderes näher: Und zwar der ernsthafte Versuch, unser Leben nach Gottes Güte auszurichten und unser Herz offen zu halten für die Prioritäten der Liebe.

Was heißt das konkret?

Die Belastungen, die im Alltag auf uns warten, die Sorgen, ob wir alles gut schaffen können, sollen nicht so viel Macht über uns haben, uns Angst zu machen. Gott hat ein Ja zu uns gesagt, das niemand umwerfen kann. Wenn wir selbst uns überfordert fühlen, wenn wir das Gefühl haben, dass der Alltag uns wegreißt vom Eigentlichen, wenn wir manchmal enttäuscht sind über das, was wir nicht geschafft haben – dann werden diese Gefühle und Sorgen von Gottes Ja ins rechte Licht gerückt.

Sie werden nicht einfach weggewischt, das ist wichtig. Denn Gott liebt uns nicht trotz unserer Einschränkungen und Ängste, sondern mit ihnen, so wie wir sind.

Er kennt unser Leben und teilt unser Leid und unseren Stress. Doch er holt uns auch heraus, indem er uns auf das hinweist, was Bestand hat: seine Schöpferliebe, seine unendliche Kraft, von der wir immer neu tanken dürfen.


Einen zweiten Weg zeigt uns der heutige Predigttext aus dem Römerbrief. Lassen Sie sich von der etwas schwierigen Sprache nicht abschrecken.

Ich lese aus Röm 12, 1-8:


1 Ich ermahne euch nun, liebe Geschwister, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.

2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

3 Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt zu halten, sondern dass er maßvoll von sich halte, ein jeder, wie Gott das Maß des Glaubens ausgeteilt hat.

4 Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben,

5 so sind wir vielen ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied,

6 und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß.

7 Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. Ist jemand Lehre gegeben, so diene er.

8 Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn. Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er’s gern.


Viele Themen sind hier vereint. Das ist auch kein Wunder, denn der Apostel Paulus stellt in seinem Römerbrief einer Gemeinde, die ihn noch nicht kennt, der Gemeinde in Rom, sein ganzes Denken vor. Wir sind nun herausgefordert, den Kern seiner Botschaft zu verstehen und für uns zu übersetzen. Wir schauen heute mal wie wir unseren Glauben jetzt in den Alltag bringen können. Und dazu gibt er drei wertvolle Hinweise.


Erstens: Lasst euch nicht einreden, dass der Glaube nur etwas für weltfremde und irrationale Menschen sei. Unseren Glauben konkret werden zu lassen, dass ist „vernünftiger Gottesdienst“: einander zuhören und Mut machen; einander mit den Talenten unterstützen, die jeder hat; sein Wissen oder sein handwerkliches Geschick zur Verfügung zu stellen und und und. So ganz praktisch stellen wie unsere Leiber für Gottes Wirken zur Verfügung.

Zweitens: Wodurch wir uns aber tatsächlich von anderen Mitbürgerinnen und Mitbürgern unterscheiden, ist eine gesunde kritische Distanz zum allgemeinen Leben und Treiben auf der Welt. Auf Gott zu vertrauen, verschafft einem eine Unabhängigkeit, die wohltuend ist.

„Stellt euch nicht der Welt gleich“, sagt Paulus, „damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist.“ Denn wer sich ganz in den Zwängen und Normen der Gesellschaft verliert, muss ungeprüft alles mitmachen, was sie hervorbringt: Konsumzwang, Leistungsdruck, Gier nach Geld und Macht. Nicht so ein Christ. Getaufte Christen haben Gottes Liebe als Maßstab und damit hoffentlich einen andere Perspektive, andere Fragen ans Leben: Zum Beispiel diese: Was dient dem Zusammenleben in unserem Büro, unserem Mietshaus, unserer Klasse? Hängt mein Selbstwertgefühl tatsächlich an dem neuen Smartphone und der schicken Wohnung haben? Wer in meiner Nachbarschaft braucht meine Unterstützung?


Und schließlich drittens: Wir sollen nicht alles alleine machen wollen, sondern uns auf einander verlassen und unsere besonderen Gaben einbringen. Wenn wir unser Leben sozusagen „arbeitsteilig“ gestalten, dann haben wir automatisch viel mehr Kontakt zu einander.

Wichtig ist, dass wir einander trotz unserer ganz unterschiedlichen Gaben und Talente gleich hoch achten. Wer gut Häuser bauen kann, soll Häuser bauen und dafür gewürdigt werden. Wer sich mit der Bibel auskennt, soll andere an diesem Wissen teilhaben lassen und dafür gewürdigt werden. Und wer gut im Haushalt ist und auf jedem Fest hilft, soll das tun und dafür Anerkennung bekommen. Aber es gilt die Gleichwertigkeit aller Dienste.


Wir bringen unseren Glauben dadurch in den Alltag, dass wir unseren Verstand einsetzen und uns darüber klar werden, was wir besonders gut können und womit wir zur Gemeinschaft beitragen. Diese Talente können wir dann gemeinsam mit anderen dort einbringen, wo sie gebraucht werden. Keiner muss alles können. Es genügt, wenn jeder das seine einbringt. Und für die großen Entscheidungen des Lebens steht Gottes Liebe als Orientierung über allem. – So gesehen ist der Paulus gar nicht so kompliziert.


Damit sind wir wieder am Anfang der Predigt. Mit den Schlusszeilen von Johann Christoph Hampes Gebet wünsche ich uns allen viel Mut und Konsequenz, loszugehen ins neue Jahr, vor allem aber wünsche ich uns das tiefe Vertrauen in Gottes Ja:

Das Jahr geht fort

Herr, lass es dein Jahr fortan sein, durch das ich gehe,

geleitet an deiner Hand,

eine, die dein Licht gesehen hat.

Amen


Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“

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