Lieder zum Anhören, Genießen und Mitsingen:
Evangelisches Gesangbuch 382: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
Evangelisches Gesangbuch 365: Von Gott will ich nicht lassen
Predigt:
Eine Predigt von Pfarrer Bodo Meier.
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unsrem Vater und unsrem Herrn Jesus Christus. Amen
„Nein, nicht auch noch das. Das kann er nicht von mir verlangen. Ausgerechnet von mir. Er weiß doch: Wenn es um seine Gemeinde geht, lasse ich mich nicht lange bitten. Dann bin ich da, und ich helfe gern. Was habe ich nicht alles für die Gemeindeglieder getan. Ich habe die Kinder der Gemeinde unterrichtet und die Alten besucht. Ich war immer für die da, die sich zu unsrem Gott halten. Er weiß das doch. Wie kann er mir dass jetzt zumuten. Ich bin sein Mann für seine Gemeinde. Was soll ich denn in der Fremde von Gott erzählen. Die lachen mich doch aus. Ach was, die lassen mich doch gar nicht erst rein in ihre große Stadt. Nicht umsonst haben wir um unser Jerusalem gerade erst eine schöne hohe Stadtmauer gebaut. Hier bei uns: Da ist Gottes treue Gemeinde. Aber die da draußen. Die gehören nicht zu uns. Wir allein haben den wahren Gott. Nein, ich gehe nicht nach Ninive. Nein, das kann Gott nicht von mir verlangen, nicht von seinem Propheten Jona!“
Jona, der Prophet. Jona und der Walfisch. Jona, die Taube – so die Bedeutung seines Namens. Da flattert die Taube Jona also davon. Nicht nach Ninive. Eine Großstadt, deren genaue Lage in vielen Geschichten beschrieben, aber in der Tiefe der Geschichte doch nicht mehr zu fassen ist. Darin lebten reiche Menschen, die nichts vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs wussten. Sie gehörten nicht zum Volk Gottes. Jona ist empört, dass sein Gott sich nun mit diesen gottlosen Ausländern abgeben will. „Ich soll noch nicht einmal die Rache, das Gericht Gottes predigen,“ denkt sich Jona, „sondern Umkehr und Buße. Gott will denen allen Ernstes eine Chance geben. Nein, lieber Gott, wir müssen uns doch erst mal um unsre eigenen Leute, um unsre Gemeinde kümmern.“ Und so kümmert sich Jona um sich selbst und die Taube fliegt davon, über das weite Meer. Er war sich sicher: Übers Meer würde er Gott entkommen. Ein lustiger Gedanke für einen Propheten.
Denn kaum auf dem Schiff, bricht der Sturm los. Seenot! Den Seeleuten bleibt nur noch Beten. Jeder zu seinem Gott. Es war ein bunt zusammen gewürfelter Haufen. Und doch sind es ausgerechnet diese Seemänner, die zu lauter falschen Göttern rufen: die erinnern Jona daran, doch bitte auch zu seinem Gott zu beten. Darauf ist der Prophet Jona noch gar nicht gekommen. Er tut es noch immer nicht. Vielmehr gesteht er vor versammelter Mannschaft: „Ich bin ein Hebräer und fürchte den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat.“
„Was hast du getan“, schreien die Seebären ihn an. Die, die nicht an Gott glauben, wissen sofort: Diesen Gott sollte niemand heraus fordern. Und genau deshalb wollen sie Jona, seinen Propheten, retten. Sie rudern um ihr Leben, aber verschonen Jona. Sie sind in größter Not und beten zu dem für sie fremden Gott. Aber sogar in seiner Schuld richtet Jona noch immer nicht das Wort an seinen Gott. Jona fällt sein eigenes Urteil über sich selbst und lässt sich in die Flut werfen. Sofort ist das Meer still. Die Seeleute starr vor Furcht. „Was ist das für ein Gott, der sogar über Meer und Wellen herrscht?“ Noch auf dem Schiff beginnen sie, diesem einen wahren Gott zu dienen.
Und Jona? Wir wissen es seit den Tagen unsrer Kindergottesdienste. Jona wird von einem großen Fisch verschlungen. Jona im Bauch des Walfisches. Eine nette Geschichte. Kann aber keiner glauben oder so richtig ernst nehmen. Hat ja auch was von einem Kinderbuch – fast können wir die drolligen Illustrationen darin vor unsrem inneren Auge sehen. Jona ist gerettet.
In der Tat ist das ganze Prophetenbuch Jona eine lustige Geschichte. Es hat sogar satirische Züge. Aber nicht durch den Walfisch, sondern durch den Weg Jonas in diesen Fischbauch hinein. Wir hören und lesen von Jona keinen einzigen Prophetenspruch. Wir kennen nur seine Geschichte. Eine Geschichte voller dummer Ideen und dauerndem Scheitern. Jona ist ein Prophet, der nicht mit Gott spricht. Jona ist in seiner eigenen Stadtmauer gefangen. Er hat ein Bild von Gott und seiner Gemeinde, festgefahren und unerschütterlich. Wir hier und die dort.
Viele seiner Zeitgenossen dachten so. Gott auf unsrer Seite. Die anderen gehören einfach nicht zu uns. Wir bauen uns unsre Stadt und unsre Kirchengemeinde, wie sie uns gefällt. Auf Gott hören, mit ihm reden, stört da nur. Jona kann gar nicht anders, als vor Gott davon zu laufen. Er will sein Leben nicht ändern. Alles soll seine schöne Ordnung haben und seinen gewohnten Gang gehen. Gottes Wort nehmen wir nur entgegen, wenn es auch in die Tombola auf unsrem nächsten Gemeindefest passt. Jona ist Prophet und glaubt allen Ernstes, das Meer wäre groß genug, um Gott zu entkommen. Er hat es doch gemacht – wie sich Jona auf dem Schiff in Seenot erinnert. Jona erlebt mit, wie Gottes Macht und Wille gestandene Seebären zum Glauben ruft. Aber noch immer wendet sich Jona nicht an seinen Gott, sondern verflucht lieber sich selbst und will unter gehen. Gottes Allmacht, Gottes Gnade, Gottes Weg mit der ganzen Schöpfung, mit all seinen Geschöpfen wird Jona vor Augen gemalt. Jona ist mitten darin – und sieht es nicht. Vor lauter Empörung, Flucht, Todesangst ist seine Welt so laut geworden, so aus der Bahn geworfen, dass er sich selbst verliert. Die ganze Schöpfung gehorcht inzwischen seinem Gott. Nur Jona, der Prophet noch immer nicht. Denn Jona hat seine Welt verloren. Die Welt, wie er sie gern hätte. Die Welt, an die er sich so gewöhnt hat, mit sicherer Mauer drumherum und ungestört.
Da verschluckt ihn Gott. Es wird wohl kein Walfisch gewesen sein. Eher eines der großen Seeungeheuer, die Gott am vierten Tag seiner Schöpfung machte. Nach all dem Getöse und dem Lärm, den Jona erlebt hat, darin alle - nur nicht er - seinen Gott erkannten, wird es nun plötzlich völlig still. Jona ist im vollständigen Lockdown – ganz allein. Und ausgerechnet jetzt – an dieser nett zu lesenden Stelle mit dem Walfisch, wird es zum ersten Mal ungeheuer ernst. Jona ist zum ersten Mal ganz bei sich selbst. Und der ganze Fisch ward voll Gesang. Aber keine Klage, keine Anklage, keine Todesnot mehr. Mitten in der Stille, an einem Ort, an dem kein Mensch leben, aber den allein Gott erschaffen kann, erkennt Jona sich selbst – und ist ganz bei Gott. Er erlebt die Geschichte noch einmal. Nun aber mit Gottes Augen. Und fängt an zu leben und zu singen:
„Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme. Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben. Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich, dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen, ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen. Wasser umgaben mich bis an die Kehle, die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt. Ich sank hinunter zu der Berge Gründen, der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich. Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, HERR, mein Gott! Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den HERRN, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel. Die sich halten an das Nichtige, verlassen ihre Gnade. Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen. Hilfe ist bei dem HERRN.“
Und der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Pfr. Bodo Meier
Erster Sonntag nach Trinitatis
06.06.2021
Predigt über Jona 1, 1 – 2,11
Gebet
Gott, du handelst durch Menschen und trägst die Geschichte ihres Lebens. Du vertraust ihnen deine Schöpfung an. Frauen und Männer lassen sich rufen von deinem Wort, lassen sich bewegen von deiner Kraft. Wir bitten dich: Höre nicht auf, Menschen zu rufen, dass sie deine Liebe und Gerechtigkeit leben. Lass uns deinem Christus folgen, Gott, unsrem Bruder im Heiligen Geist. Amen
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