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Gott sieht mich an: Das allein ist Segen!

Eine Predigt von Pfarrer Bodo Meier.



Online-Predigt zu Trinitatis – 7. Juni 2020



Lieder zum Anhören, Genießen und Mitsingen:


Evangelisches Gesangbuch 139: Gelobet sei der Herr



Evangelisches Gesangbuch 170: Komm, Herr, segne uns



Predigt in Schriftform zum Nachlesen:


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wie sehr sich die Welt auch verändert hat seit Menschen auf ihr wohnen, so unterschiedliche Zeiten und Kulturen die Menschen erlebten und immer wieder in neue Zeiten aufbrechen, eines ist geblieben: Menschen grüßen einander, wenn sie sich begegnen. Wir wünschen uns einen „guten Tag“ und sagen „auf Wiedersehen“, wenn wir uns verabschieden.


Gewiss in anderen Teilen der Welt und in anderen Zeiten der Geschichte hörte sich der Gruß und der Abschied wohl immer wieder anders an, aber im Wesentlichen ist das Wort geblieben, mit dem ich dem anderen zu Beginn sage: Ich sehe dich und bin dir wohlgesonnen. Genau so hat sich der Abschied voneinander gehalten, denn am Ende des Gesprächs verabreden sich die Menschen „auf ein Wiedersehen“.


Heute reicht ein „Hallo“ und ein „Tschüss“. Aber das Wesen ist geblieben. Das Wesen des Abschieds voneinander war und ist nichts weniger als der Segen: Bis zum Wiedersehen soll es dir gut gehen. Und „Tschüss“ ist die Kurzformel für „adieu“ und heißt: Gott sei mit dir.


Genau so endet auch jeder Gottesdienst. Mit einem Segen. Gott sei mit dir! Von Anfang an gab es wohl nie einen Gottesdienst, der nicht mit dem Segen schloss. Und doch ist es mehr als eine Gewohnheit, mehr als eine Tradition. Für viele Menschen, wenn nicht sogar für alle, die einen Gottesdienst besuchen, hat der Segen bis heute eine besondere Bedeutung. Es ist, als ob die Menschen im Segen spürten: Gott wendet sich mir zu, jetzt in diesem Augenblick. Ich werde gesegnet. Kein Segenswunsch, keine schöne Vorstellung, sondern Wirklichkeit die geschieht: Gott sieht mich an. Ich stehe für diesen Augenblick des Segens im heiligen Raum Gottes.


Segen ist die älteste Form der Gotteserfahrung – sogar älter als der Glaube an unseren Gott. Ursprünglich wurden keine Menschen gesegnet. Es waren vielmehr die Felder und Äcker, die durch Worte oder auch Zeichenhandlungen gesegnet wurden. So kommt auch das deutsche Wort „Segen“ vom lateinischen „signum“ – Zeichen! Das Feld war denn auch gesegnet, wenn es reiche Früchte trug. Noch heute gilt ein Mensch als gesegnet, wenn er überreich beschenkt wurde. Fülle und Überfülle zum Leben ist die ursprünglichste Form der Segenserfahrung.


Die Zusage geschenkter Lebensfülle blieb bis heute das Wesen des Segens. Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs segnete sein Volk Israel. Vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte wurden keine Felder oder Dinge gesegnet, sondern Menschen! Der Schöpfer des Himmels und der Erde erwählte und segnete das Volk Israel, nicht weil es ein verdientes Volk war, sondern aus lauter Liebe zu ihm. Das Volk versprach am Berg Sinai, seinem Gott treu zu bleiben und ihn in alle Zeiten zu loben.


Segen ist keine Einbahnstraße. Im Hebräischen ist es ein Wort für beides: Segnen und Loben! Damit verwandelte sich der Segen von magischen Worten und Zeichen, das Gute für die Menschen zu erwirken, hin zu einer lebendigen Beziehung, die Leben möglich macht und Leben in Fülle verheißt. Das lateinische Wort für Segen macht es deutlich: Benedictus – das Gute, das mir zugesprochen ist.


Am Berg Sinai schlossen also Gott und Israel einen Bund. Gott hatte sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Er versprach, es in das Land, wo Milch und Honig fließen, zu führen, ihm also Lebensfülle zu schenken, es also zu segnen. Israel versprach, Gottes Volk zu bleiben, ihm allein zu dienen, ihn allein zu loben. Berühmtester Teil dieses Bundesschlusses sind wohl die 10 Gebote, die Moses vom Berg Sinai mitbrachte, wo er als Einziger Gott schauen durfte.


Doch er brachte noch mehr mit. Auch die Worte des Segens, die von nun an so und nicht anders von den Priestern des Volkes Israel gesprochen werden sollten. Weil Moses diese Worte, die er von Gott hörte, an den Priester Aaron weitergab, heißt dieser Segen aaronitischer Segen. Überliefert im sechsten Kapitel des vierten Mosebuchs:

„Der HERR redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.“

Es ist eigentlich erstaunlich, dass die christliche Gemeinde diesen Segen für ihre Gottesdienste übernommen hat. Das war auch gar nicht von Anfang an so. Schließlich kommt er im Neuen Testament gar nicht vor, wird auch nie erwähnt. Es war Martin Luther, der diesen Segen gleichsam wiederentdeckt hat und ihn für seine „Deutsche Messe“ verwendete. Luther verstand diesen Segen als Offenbarung des Dreieinigen Gottes. Dreimal wird in darin der Name Gottes genannt. Der Segen des Vaters. Das Angesicht des Sohnes und der Frieden des Heiligen Geistes. Wir Christen können ihn nicht anders hören.


Es sind ja auch keine Worte, einfach so dahin gesagt. Sie sind wie eine Komposition, wahrscheinlich gewachsen über Generationen. Drei Zeilen. Die erste aus drei Worten, die zweite aus fünf. Die letzte aus sieben. Gott sieht mich an. Das allein ist Segen. Gott ist gnädig. Sein Angesicht leuchtet im Widerschein der um ihn versammelten Gemeinde. Sein Frieden ist die Verheißung auf Vollendung der Schöpfung, auf Gottes Reich.


So schenkt Gott das Leben aus lauter Liebe, ganz umsonst – gratis eben, aus Gnade. Das ist sein Segen, an dem wir keinen Anteil haben, sondern antworten dürfen: In meinem Leben, in seiner Gemeinde, in der Welt, wenn wir seine Verheißungen weiter sagen, dass Frieden wird und Leben bleibt.


In diesem Segen allein darf der Gottesname ausgesprochen werden, mit dem er sich dem Mose im Dornbusch offenbarte. Dreimal sein Name im Segen genannt. Gott und Mensch – sie kennen einander, sehen einander. Das ist sein Segen für uns. Es ist die Gewissheit, dass dieser unverwechselbare Gott sich mir zuwendet. Gottes Angesicht mitten in den Gesichtern seiner Gemeinde. Ich stehe mit der ganzen Gemeinde im Heiligen. Er schenkt Leben und die Hoffnung auf Frieden.


Ich selbst tue gar nichts. Ich rede nicht, ich bete nicht, ich mache nichts. Gott ist es, der handelt, der allein alles tut. Er sieht mich an. Er umgibt mich mit seiner Heiligkeit. Er verschafft mir das, was ich zum Leben brauche. Und es geschieht wirklich. Nicht in Erwartung, nicht in Hoffnung, nicht in Verheißung. Jetzt und hier in diesem Moment werde ich gesegnet – von Gott.


So ist es auch nicht der Priester, der segnet. Er ist nur Gottes Werkzeug. Er bittet darum, es sein zu dürfen und hebt die Arme in den Himmel und sieht gleichzeitig die Gemeinde an. Hier ist er wieder: Der Segen als „signum“, als Zeichen. Doch es bleibt nicht dabei. Er spricht Gottes Wort. Und weil der Pfarrer nicht über Gottes Wort verfügen kann, heißt es nicht „Der Herr segnet dich“, sondern respektvoll: „Der Herr segne dich.“ Das ist keine Bitte um den Segen. Es ist das Bekenntnis: Allein Gott entscheidet über den Segen. Und Gott spricht ihn aus, er segnet dich. Nicht „uns“, nicht „euch“: Du bist gemeint, dein Leben. Du bist gemeint auch und gerade mitten in der Gemeinde. Du bist gemeint, wenn einst Frieden wird. So segnet unser Gott. So loben wir ihn. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Pfarrer Bodo Meier Numeri 6, 22-27 Trinitatis 7. Juni 2020



Gebet

Allmächtiger Gott, was du erschaffen hast, soll leben. Durch deinen Willen ist es da. Segne mich. Wir danken dir dafür.

Auferstandener Herr, was du erlöst hast, kann leben. Durch deinen Sieg wird alles neu. Lass leuchten dein Angesicht über mir. Wir preisen dich dafür.

Quelle der Weisheit, was du erleuchtet hast, wird leben. Durch deine Kraft wird alles vollendet. Schenke mir Frieden. Wir loben dich.

Heilige Dreifaltigkeit, wir glauben, bekennen und verehren deine Majestät. Du bist der eine wahre Gott, Vater, Sohn und Heilige Geist. Führe, erhalte und vollende uns zum ewigen Leben. Amen.


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